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Jahrhundertwende und Reformkleidung

Die Mode von 1890 bis 1920

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Damenmode

Es fehlt in der Damenmode der Raum, ihre meist willkürlichen Wandlungen dieser Zeit im einzelnen zu schildern. Weiter und enger, langer und kurzer Rock wechseln sich mehrmals ab; der Ärmel durchläuft rasch alle denkbaren Formen vergangener Zeiten, hohe und niedrige Frisuren, große und kleine Hüte kommen und gehen. Nur der reiche Ausputz bleibt bestehen, und – sehr zum Kummer vernünftiger Mütter und Ärzte – das Korsett lässt sich nicht verbannen.
Nach 1890 war der Rock in Bahnen geschnitten, die nach unten breiter wurden. Eine Faltenpartie in der hinteren Mitte gab dem Rock zusätzliche Weite, die oft in einer Schleppe endete. Um 1900 beugte sich die elegante Dame dem Modediktat ein letztes Mal. Das Korsett formte den Körper zu einer S-Linie. Duftige Stoffe, speziell in allen Schattierungen von Blau, Grün und Lila, mit runenhaften Mustern oder großen Tupfern werden für leichte Straßenkleider bevorzugt. Als besonders elegant gelten einfarbige Promenadentoiletten, die mit echten Spitzen bedeckt sind. Um die Taille schlingt sich ein schwarzer Atlasgürtel, hinten fällt eine Schärpe aus schwarzer Seidengaze mit Atlasband herab. Bei den Kopfbedeckungen ist Stroh das am häufigsten verwendete Grundmaterial. Bei der Ausgehtoilette der Dame ist der Spazierstock obligat, vorzugsweise mit kostbaren Griffen aus Emaille und Gold mit eingelegten Steinen oder aus altem getriebenem Silber mit künstlich verstümmelten Perlen und antiken Smaragden. 

In den Reformbestrebungen der Künstler, Ärzte und Frauenvereine kurz vor 1900, die künstlerisch mit dem „Jugendstil“ zusammenfielen, begann die Mode den natürlichen Körperformen wieder mehr Rechnung zu tragen, und es war kein Zufall, dass auch hier wieder, ähnlich wie vor hundert Jahren im Empirestil, das antike Gewand als Vorbild mit herangezogen wurde. Schließlich wird das Reformkleid von Ärzten und gesundheitsbewussten Frauen propagiert. Trotz einiger Entwürfe namhafter Künstler konnte sich das Reformkleid – ohne Korsett getragen, hing es lose an den Schultern – nicht durchsetzen. Die meisten Frauen verstanden es noch nicht, aus gesundheitlichen Gründen „Hemdhosen“ oder „Reformleibchen“ zu tragen. Der Erste Weltkrieg (1914-1918) unterbrach den Einfluss von Paris. Versorgungsschwierigkeiten, Rationierung von Stoffen und Kleidung durch Bezugsscheine bestimmten die Entwicklung der Mode in dieser Zeit. Der Pariser Modeschöpfer Paul Poiret sowie Charles Frederick Worth verarbeiteten im Laufe die Ideen der Reformer zu einer eleganten Linie, danach wurde das Reformkleid salonfähig.

Angmerkt: Die Frauen zwängen sich in enge Korsetts um die begehrte "Stundenglas-Figur" zu bekommen und kurbeln damit die Riechsalzindustrie kräftig an (für eine Taille von 45cm nimmt man eine gelegentliche Ohnmacht gern in Kauf). Um diesen Stundenglas -Effekt noch zu verstärken trägt man über den langen, offenen Unterhosen jede Menge Unterröcke, zu einem üppigen Dekolleté verhelfen Polster zum Einschieben.

Schwarze Wollstrümpfe tragen alle anständigen Frauen, weiße gelten als unseriös. So ist man Sommer wie Winter hervorragend gepolstert, verpackt und verschnürt. 

Pelze gelten als Statussymbol, Chinchilla ist besonders beliebt.

Die «vornehme Blässe» ist angesagt. Die Haut wird mit Bleichmitteln malträtiert und Sommersprossen, Hautrötungen etc. mit arsenhaltigem Puder zugekleistert. Um die Haut trotzdem zart erscheinen zu lassen, werden die Adern am Dekolleté nachgezeichnet.

Einem Zufall verdankt man die neue, verschiedenfarbige Handschuhmode: Eine russische Fürstin nahm in der Eile von den zurechtgelegten Handschuhen je einen statt eines Paars und erschien mit einem schwarzen und einem weißen Handschuh in der Petersburger Hofgesellschaft. Keiner der Gäste dachte an einen Zufall, jeder hielt die Wirkung für beabsichtigt.

Bereits 1896 wurde auf dem internationalenBerliner Frauenkongress dasThema Frauenkleidung in Deutschland erstmals öffentlich diskutiert. Schon zwei Wochen später wurde der Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung gegründet.

Wilhelm II (1913) zur Fuß- und Schleppenfreiheit: …“die Damen kommen da wenigstens nicht mehr in die Lage, ihren Begleiter durch die von ihrer Schleppe verursachten Staubwolken zu verstimmen, und wir können uns an hübschen, eleganten Füßen und einem sicheren guten Gang – sehr schätzenswerte Eigenschaften an einer Frau – erfreuen“.

Herrenmode

Jakett, Sakko und Frack blieben die wichtigsten Elemente der Herrenmode. Der Gehrock wurde dagegen am Ende des Jahrhunderts durch den sogenannten Cutaway mit abgerundeten Vorderschößen ersetzt. Später kam dann noch der Smoking hinzu. Aber mit diesen wenigen Formen erschöpfte sich bereits die Grundgarderobe des Herren. Allenfalls der Schnitt wechselte von Zeit zu Zeit und hinsichtlich der Bequemlichkeit machte sich zunehmend ein Einfluss der Sportkleidung bemerkbar. Für Abwechslung sorgten die Mantelformen, so der doppelte Ulster, der Chesterfield mit verdecktem Knopfverschluss, der taillierte Paletot und der sportlich-bequeme Raglan. Die Farben aller dieser Kleidungsstücke waren gedämpft. Schwarz, grau, braun oder blau blieben die beherrschenden Töne.  

Erst nach 1910 kommt durch die buntfädigen „Herrenstoffe“ wieder mehr Lebhaftigkeit und Frische in die Männermode. Zunehmend setzt sich Abwechslung in der Hutfarbe durch: Zylinder aus hellgelbem Baststroh mit schwarzem, breitem Moiréband sowie ganz weiße Filzzylinder sind das Neueste. Extravaganter werden die Herrenwesten. Samt und Brokat genügen nicht mehr. Als Gipfel der Eleganz gelten Herrenwesten aus Spitzen, die auf blaugrünem Atlasgrund aufgelegt sind. Bei Diners und im Theater herrschen mit Edelsteinen ausgenähte Gilets vor.  

In der Zeit der Reformkleidung wurde der Begriff Normalkleidung geprägt. Sie bestand aus luftdurchlässigen, wollenen Komponenten. So hatten Normalhemden einen Überschlag, damit der Stoff vorne doppelt liegt, womit sie Soldatenröcken glichen.

Angmerkt: Als Clou des Jahres gelten in der Herrenwelt Zigarrenetuis aus Silber in Form einer Riesenzigarre. Die Behälter sind mit einer in Gold und Emaille nachgeahmten Papierbinde umgeben und fassen nur eine Zigarre. Der glückliche Besitzer kann somit nicht in die unangenehme Lage kommen, teures Rauchwerk anbieten zu müssen.

Nach 1900 hatte die Herrenhose eine Bügelfalte.

 

Jahrhundertwende

  • Gesellschaftskleid mit Schleppe
  • Hauskleid mit Kurbelstickerei
  • Tuchmantel mit Roßhaarhut
  • Promenadenkleid mit Basthut
  • Gesellschaftskleid mit Morgenrock
  • Rèunion- und Diner-Toilette
  • Bandgarnitur und Jackenkleid
  • Pelerinenmantel und Schoßjäckchen
  • Dame im Sportkostüm
  • Dame im Besuchskleid
  • Mädchen im Gartenkleid
  • Dame in Strandtoilette

Reformkleidung

  • Kleines Tageskleid von Armand & Material, 1912
  • Wintermode 1912
  • Die Dame 1912

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